Lothar-Günther
Buchheim
Plädoyer fürs Pralle
Arbeiten
Endlich mal einer
der wirklich und tatsächlich »in die vollen« geht, wie sich das eigentlich
für alle Bildhauer gehören würde. Welch eine Wohltat fürs Gemüt - jedenfalls
für eins wie das meine! Spaghettiplastiken und sonstige ins Dreidimensionale
geschwindelte Zeichnungen kann ich nun mal kaum ertragen. Ich verlange
kategorisch das Pralle, wenn es um Plastik geht.
Die Rede ist von
dem Chemnitzer Bildhauer Karl-Heinz Richter. Dessen sitzende Damen sitzen -
endlich mal - wirklich auf ihren von einer verschwenderischen Natur breit
ausgestatteten Ärschen. Die wollen nicht auf den Laufsteg, wollen keine
Aerobic und keinen Bauchtanz, die wollen nicht über Laufstege wallen und
unter Jupiterlampen herumstaksen. Die wollen Torte! Holländisch-Kirsch,
Sachertorte und Pralinen natürlich auch. Nicht die simplen die wie toter
Frisör schmecken, sondern die feinen Sahnemokka und Buttertrüffel aus der
Schweiz.
Richters Männer
kann man mit Fug und Recht »gestandene Mannsbilder« nennen. Sie sind
gewichtig und stabil auf den Füßen, keine Hänflinge. Sie haben Rundschädel
und sind halslos, wie Franz Josef Strauß es war. Mit Attachéköfferchen und
Handys kann man sie sich nicht vorstellen, auch nicht beim Joggen oder
sonstigen sportlichen Unfug, nicht mal beim Balzen. Aber angesichts dieser
ausladenden Weibsbilder und der schwergewichtigen Kerle kann man sich wieder
den lieben Gott vorstellen, wie er sich abmüht, um aus einem Lehmkloß ein
plastisches Selbstporträt zu erschaffen